Bei der Vorstellung ihres Eckpunktepapiers hatten Bund und Länder im Juli angekündigt, dass bis September ein erster Gesetzentwurf für die Krankenhausreform auf dem Tisch liegt. Doch davon sind die Verhandler auch Ende November offenbar noch weit entfernt. Die nach wie vor grundlegenden strittigen Punkte sollten am 23. November bei einem Treffen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit den Ländern erneut besprochen und danach ein konsentierter Entwurf vorgelegt werden. Das Treffen wurde allerdings bereits nach kurzer Zeit abgebrochen.
Die Länder sehen viele Kritikpunkte an dem Arbeitsentwurf des BMG, welche sie in einem 7-Punkte-Papier festgehalten haben. Sie fordern Ausnahmeregelungen bei der Zuweisung der Leistungsgruppen, welche im bisherigen Entwurf nur unzureichend umgesetzt wurden. Dissens besteht zudem auch beim Kernstück der Reform, dem Finanzierungssystem, das weiterhin unklar ist und dessen Folgen für die Krankenhauslandschaft nicht abgeschätzt werden können. Das Bundesgesundheitsministerium müsse insbesondere darlegen, wie die Finanzierung der Vorhaltevergütung sowie der Tagesentgelte für die sektorenübergreifenden Versorger im Detail erfolgen solle und ob damit überhaupt eine finanzielle Verbesserung beziehungsweise eine auskömmliche Finanzierung erfolgen könne.
Bis Ende November soll nun das Bundesgesundheitsministerium einen neuen Arbeitsentwurf vorlegen. Außerdem ist eine weitere Sitzung der Bund-Länder-AG für Anfang Januar 2024 vereinbart worden, bei der eine Grundsatzeinigung für den Referentenentwurf erzielt werden soll.
Die wachsende Unzufriedenheit der Länder macht sich auch beim Krankenhaustransparenz bemerkbar. Nur einen Tag nach dem Treffen der Bund-Länder-AG, am 24. November, hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen. Damit verzögert sich das Gesetzgebungsverfahren zunächst auf unbekannte Zeit.
Baustellen voneinander trennen
Aus Sicht des BDPK beruht das vorgesehene Finanzierungssystem auf der Illusion, dass die bestehenden Probleme gelöst würden, wenn Kliniken geschlossen und Geld und Personal umverteilt werden. Mit diesem Trugschluss wird die Reform scheitern und zu noch größeren Problemen führen, denn es ist zu erwarten, dass dann etablierte Versorgungsstrukturen zerstört werden, die sich nicht oder nur langsam und mit hohem Aufwand wieder aufbauen ließen. Für eine tragfähige und nachhaltige Überwindung der zentralen Probleme müssen die vorhandenen Baustellen unseres Gesundheitssystems sauber voneinander getrennt werden.
Die größte Baustelle ist die seit Jahren bestehende strukturelle Unterfinanzierung. Die dadurch ausgelöste schwierige wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser haben Energiepreissteigerungen, inflationsbedingten Mehrkosten und gestiegene Lohnkosten drastisch verschärft. Hierfür gibt es – unabhängig von möglichen mittel- oder längerfristig wirkenden Reformen für die anderen Baustellen – nur eine einzige Lösung: Die Vergütung der Krankenhäuser schnellstmöglich so anzupassen, dass Kostensteigerungen vollständig und zeitnah berücksichtigt werden. Dazu müssten die Landesbasisfallwerte und die Psychiatrieentgelte an die Inflation angepasst werden. Erst dann macht es auch Sinn, weitsichtige und mutige Maßnahmen für Strukturverbesserungen und eine Modernisierung des Finanzierungssystems auf den Weg zu bringen oder die überbordende Bürokratisierung und den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Wenn die Unterfinanzierung aber nicht beseitigt wird, werden Insolvenzen weitere Reformen überflüssig machen.
Versorgungsbereiche im Ganzen sehen
Ein praktikabler und wirksamer Weg, bei der Reform auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, ist aus Sicht des BDPK die Einführung eines Planungsinstruments, das auf die relevanten Versorgungsangebote in den Regionen ausgerichtet ist. Die bisherigen Reformvorstellungen sind vor allem auf die Planung der Krankenhausversorgung fokussiert. Wenn aber die ambulante, rehabilitative und pflegerische Versorgung sowie der Rettungsdienst ausgeblendet bleiben, ist kein wirklicher Fortschritt für die Patient:innen möglich. Sinnvoller ist es, wenn die Versorgungsbereiche im Ganzen und in ihrer Wechselwirkung Berücksichtigung finden. Ansonsten drohen vor allem in den ländlichen Regionen Versorgungsdefizite.
Der BDPK hatte den Verhandlern für die Reform vorgeschlagen, dass Bund und Länder gemeinsam ein solches Planungsinstrument entwickeln. Ausgehend von einem regional zu ermittelnden Versorgungsbedarf könnten damit Unter- und Überversorgung identifiziert und entsprechende Planungsentscheidungen getroffen werden. Dort, wo die haus- und fachärztliche Versorgung nicht gesichert ist, müssten die Kliniken konsequent für die ambulante vertragsärztliche Versorgung geöffnet werden. Mit solchen positiven Anreizen würde eine gute Gesundheitsversorgung in den Regionen erreicht und die Reform einen Weg aus der Sackgasse nehmen.